Suchtgedächtnis
Umgang mit der Versuchung
Auf den Wellen surfen und nicht untergehen: hier lernen Sie, auf den Wellen von Suchtdruck zu surfen und an Ihrem Ziel festzuhalten. Mit praktischen Übungen bereiten Sie sich auf heikle Situationen vor.
- Suchtdruck (Craving) ist eines der prägnantesten Merkmale der Sucht und kann das ganze Leben andauern. Das Verlangen nach einer Substanz ist allgegenwärtig und kann immer wieder zum Konsum führen.
- Es gibt passende Bewältigungsstrategien, um dem Craving nicht nachzugeben, den Suchtdruck auszuhalten und nicht von Ihren Zielen abzurücken.
- Die Ursachen des Craving liegen in der Entwicklung des Suchtgedächtnisses, das die Substanz mit einer Belohnung gleichsetzt.
- Ein zentraler Teil der Entwöhnung in der Klinik Südhang ist die Rückfallprävention, die Sie auf riskante Alltagssituationen vorbereitet.
- Im Behandlungsprogramm der Klinik Südhang arbeiten Sie mit Unterstützung eines interprofessionellen Behandlungsteams an Ihrem Suchtgedächtnis. Sie lernen verschiedene Bewältigungsstrategien kennen und üben, mit Suchtdruck umzugehen und nicht nachzugeben.
Wissenswertes zum Suchtgedächtnis
Das passiert: Nach Abschluss der Therapie werden Sie im Alltag oft in kritische Situationen geraten. Sie geraten in eine Runde, wo alle Anwesenden konsumieren. Oder Sie denken, Sie hätten «es» im Griff und nur ganz wenig sei ok. Und schnell sind Sie von Ihrem Konsumziel abgekommen oder machen einen Rückfall, wenn Sie abstinent leben möchten.
Darum ist es wichtig: Rückfälle passieren und sind mit starker Enttäuschung verbunden. Das zeigt, dass der Entzug manchmal ein langer Prozess ist, also ein Marathon und kein Sprint. Und dass Sie vielleicht Ihre Ziele erst nach dem zweiten oder dritten Anlauf erreichen.
Das sind die Hintergründe: Das menschliche Gehirn speichert viele verschiedene Informationen. Darüber hinaus verknüpft es Erinnerungen mit Emotionen. Das gilt insbesondere für positive Emotionen, die als Belohnung wahrgenommen werden. Diese Gefühlsverkettung speichert das Gehirn umgehend ab und erinnert sich dauerhaft daran. Auch Alkohol und Drogen lösen durch die Ausschüttung des Glückshormons Dopamin solche Belohnungseffekte aus und helfen dabei, Stress und Ängste zu bewältigen sowie gleichzeitig für eine gelöste Stimmung und Entspannung zu sorgen. Hat sich dieser Lernprozess erst einmal vollzogen, brennt er sich ein. Die Fixierung des Belohnungssystems auf die Substanzen führen auch in anderen Gehirnregionen wie dem präfrontalen Cortex und der Amygdala zu dauerhaften Veränderungen: das so genannte Suchtgedächtnis bildet sich aus. Sämtliche mit der Substanz verknüpften Reize erhalten fortan so viel Bedeutung, dass sie selbst nach einem körperlichen Entzug schnell wieder unbezähmbares Verlangen danach heraufbeschwört. Schon das Zischen einer Bierdose oder der Anblick eines Joints können einen Rückfall auslösen. Dieser Mechanismus läuft meist automatisiert und unbewusst ab.
Die Behandlung in der Klinik Südhang
Das Suchtgedächtnis kann nicht einfach gelöscht werden. Die gute Nachricht aber ist: es kann mit alternativen Verhaltensmustern überschrieben werden und schwächt mit der Zeit ab. Und genau da setzt das Therapieprogramm der Klinik Südhang an.
Durch längere Abstinenz, gezielte Therapie und mit Unterstützung von Fachpersonen kann die Aktivierung geschwächt werden und es entstehen im Gegenzug alternative Gedächtnisspuren. Mit Hilfe von Fachpersonen arbeiten Sie daran, alte Verhaltensweisen und falsch Einstudiertes durch aktives Umlernen zu korrigieren. Dabei werden alte Gedächtnisinhalte werden nicht aus dem Kopf gelöscht, sondern bleiben bestehen. Das sogenannte Extinktionslernen, was wörtlich übersetzt «Auslöschenlernen» bedeutet, ist ein aktives Lernen einer veränderten Verhaltensweise.
In den Modulen des Schwerpunkts Suchtgedächtnis können Sie an der Entstehungsgeschichte Ihrer Suchterkrankung arbeiten. Was hat bei Ihnen dazu geführt, dass Sie unkontrolliert zu konsumieren begonnen haben? Ausserdem lernen Sie persönliche Risikosituationen frühzeitig zu erkennen und neue Handlungsmöglichkeiten aufzubauen, um nicht von Ihrem Konsumziel abzukommen. Gemeinsam mit Ihren Therapeut*innen entwickeln Sie Strategien zur Verminderung des Suchtdrucks.
Im Zentrum dazu stehen folgende Fragen:
- Welche Rolle spielt unser Gedächtnis bei der Entwicklung einer Suchterkrankung?
- Welche Tricks spielt unser Gehirn, dass es uns immer wieder daran erinnert?
- Welche Möglichkeiten haben wir, das Suchtgedächtnis zu verändern?
Die Module zum Schwerpunkt Suchtgedächtnis
Exposition – Umgang mit Risikosituationen
Von Exposition spricht man in der Psychologie, wenn Sie sich als Patient* in ganz bewusst Risikosituationen aussetzen. Ein verlockender Reiz will Sie zu einer Handlung verleiten, die Ihre personlichen Ziele zunichtemachen kann. Im Zentrum des Moduls Exposition steht also die Versuchung. Sie setzen sich in Absprache mit dem oder der Therapeut*in einer Risikosituation aus und stellen fest, dass sich bei Ihnen ein Verlangen nach einer Substanz entwickelt. Sie beobachten sich und halten fest, welche korperlichen Reaktionen und Gedanken auftreten konnen. Und Sie uben sich darin, solche Situationen abstinent zu bewaltigen.
Psychedelika assistierte Psychotherapie – Zugang zu sich schaffen
Bewusstseinserweiternde Substanzen werden seit einigen Jahren wieder sehr intensiv auch zur Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen erforscht. In der Schweiz ist der medizinische Einsatz nach individueller Bewilligung durch das BAG möglich. Die Klinik Südhang setzt diese innovative und vielversprechende Therapiemethode bei ausgewählten Patient*innen ein. Grundvoraussetzung ist eine ambulante Behandlung in unseren Ambulatorien.
Modell Mensch und Sucht
Warum bildet sich eine Sucht? Was passiert dabei, wie spielen Körper und Seele zusammen in solchen Momenten? Welche Rolle spielen dabei Triebe und Gefühle? Das Modell Mensch und Sucht der Klinik Südhang bildet die menschliche Verhaltenssteuerung ab und zeigt auf, wie die Klinik Südhang eine Abhängigkeitserkrankung erklärt. Die Stärken und das Potential für menschliches Wachstum stehen im Zentrum dieses Modells. Das Modell wurde entwickelt, um eine Abhängigkeitserkrankung zu erklären. Daraus haben die Fachpersonen der Klinik einen Behandlungsansatz abgeleitet. Das Behandlungsprogramm «Mensch und Sucht» der Klinik Südhang mit all den Modulen basiert auf dieser Grundlage. Auch bei der Planung Ihrer individuellen Therapie dient das Modell als Orientierung. Dieses Modul ist eine Veranstaltung, in der das Modell anhand Ihrer eigenen Erfahrungen entdeckt und erklärt wird.
Rückfallmanagement
Das Rückfallmanagement ist die Basis der Suchtbehandlung. Abweichungen vom Konsumziel können auf dem Weg der Stabilisierung auftreten und sind somit immer auch Erfahrungen, aus denen Sie lernen. In diesem Modul lernen Sie frühere Konsumsituationen zu analysiere und zu reflektieren. Das ist ein erkenntnisreiches Unterfangen. Weiter setzen Sie sich mit Vor- und Nachteilen des Konsumierens und der Abstinenz auseinander. Sie formulieren Ihr erstes Ziel in Bezug auf den Konsum. Ihre eigenen Hochrisikosituationen lernen Sie kennen und auch richtig einzuschätzen. Sowohl für Menschen, die das Ziel einer Abstinenz verfolgen, wie auch für diejenigen, denen ein kontrollierter Konsum näherliegt, gibt es Möglichkeiten der medikamentösen Unterstützung. Medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten einer Suchterkrankung: hier werden Ihnen diese Medikamente mit ihren Wirkungen und Nebenwirkungen vorgestellt.
Nikotinabhängigkeit – Rauch-Stopp!
Auch wenn für Sie die Vorstellung schwierig erscheint, alle Substanzen gleichzeitig zu entwöhnen, können Sie das Angebot und die Unterstützung zum Rauch-Stopp zumindest kennenlernen. Falls Ihre Nikotinabhängigkeit Sie schon lange in Ihrem Leben begleitet und Sie eigentlich auch mit dem Rauchen aufhören möchten, empfiehlt die Klinik Südhang, dass Sie sich auch jetzt mit diesem Thema auseinandersetzen. Die Erfahrung zeigt, dass die Zeit während der Suchttherapie geeignet ist, diesen Schritt auch noch zu machen. Denn bekanntlich ist das Rauchen eng mit dem Konsum von anderen Substanzen verbunden.
Therapieauswahl
Im Rahmen des Behandlungsprogramms «Mensch und Sucht» führen verschiedene Reiserouten zum Ziel. Die geeignete Behandlungsform hängt vom Schweregrad Ihrer Suchterkrankung ab.
Hintergrundwissen
Das Behandlungsprogramm «Mensch und Sucht» stützt sich auf das Modell «Mensch und Sucht», das in interdisziplinärer Zusammenarbeit von Fachpersonen der Klinik Südhang entwickelt wurde.
Ich möchte mich beraten lassen.
Ihre Suchterkrankung kann therapiert werden. Die Kontaktaufnahme ist der erste Schritt auf dem Weg in ein gesundes und selbstbestimmtes Leben.
Ich möchte eine Anmeldung machen.
Die Anmeldung kann durch eine ärztliche Zuweisung erfolgen. Sie können sich aber auch selber direkt bei uns für eine Behandlung anmelden.